Montag, 18. Dezember 2006

Arbiet mit Tondokumenten

Zwar ist es nun schon einige Zeit seit her, als wir uns den Wassergeräuschen auf dem Tonband gewidmet haben, doch hat es mich beeindruckt und beschäftigt. In der Schule nehmen die akustischen Signale einen sehr grossen Stellenwert ein. Man ist verlockt, einen Auftrag lediglich einmal zu sagen, eine Erklärung mündlich zu umschreiben und vergisst so schnell die Visualisierung.

Wir brauchen das Gehör derart oft, dass wir es kaum je bewusst einsetzen. In der Schule wird es fast ständig in Anspruch genommen, indem wir mit den SchülerInnen sprechen oder sie sich gemeinsam unterhalten. Diese Art von „hören“ führen wir nebenbei aus und es ist uns zum Teil sogar möglich, eine andere, zweite Tätigkeit gleichzeitig auszuführen. Was aber nehmen wir tatsächlich auf, wenn wir die akustischen Signale aus unserer Umwelt wahrnehmen? Können wir uns an Dinge erinnern, die wir bloss gehört haben? Ich bin mir in der Rolle der Lehrperson oft nicht bewusst, wie viele Signale ich den SchülerInnen nur schon über meine Stimme zukommen lasse. Umso wichtiger erscheint es mir, im Unterricht zu unterscheiden, ob die Kinder einfach nur zuhören sollen oder ob ein konzentriertes Lauschen erforderlich ist. Letzteres ist um ein Vielfaches anstrengender! Nur schon in oben erwähntem Wasser-Beispiel musste man tatsächlich die Ohren spitzen. Man kann also unmöglich von den Kindern erwarten, dass sie uns während einem ganzen Schultag angespannt zuhören. Nicht einmal während einer Lektion ist es möglich. Also sollten wichtige Mitteilungen in irgendeiner Weise hervorgehoben werden.

Nun bleibt die Frage, weshalb also Tondokumente im Unterricht sinnvoll sind. Aus meinen obigen Überlegungen leite ich folgende Schlüsse ab:
Nehmen wir Eindrücke übers Ohr war, so weckt das Emotionen in uns. Insbesondere Musik kann uns in verschiedene Stimmungen versetzen und Gefühle zu Tage treten lassen. Ihr alle habt bestimmt auch schon mit Musik im Unterricht gearbeitet. In meinem zweiten Praktikum (es war eine 1. Klasse) haben wir ein Ritual eingeführt, welches immer mit der gleichen Musik eingeleitet wurde. Ohne Worte liessen wir ein ausgewähltes, ziemlich ruhiges und wohlklingendes Stück laufen, worauf die Kinder schon nach einigen Malen automatisch ganz ruhig wurden, da sie wussten, dass nun gleich das Ritual folgen wird. Höre ich mir dieses Stück heute an, so versetzt es mich noch immer in diese geheimnisvolle Stimmung im Klassenzimmer. Ich denke, auch das eine oder andere Kind würde die Musik sofort wieder erkennen.
Tondokumente sind aber keineswegs nur musikalische Aufnahmen. Der Einsatz eines Hörbeispieles, wie wir es das letzte Mal erlebt haben, kann sehr wirkungsvoll sein. Wie gesagt ist angespanntes Zuhören bzw. Lauschen eine Frage der Konzentration und erfordert die ganze Aufmerksamkeit. Es liegt also auf der Hand, dass man beispielsweise in einem unruhigen Moment die Kinder mit einem Hörbeispiel wieder „erden“ kann. Es darf natürlich nicht einfach so ohne Vorankündigung laufen gelassen werden, wenn man will, dass die Kinder dabei sind. Also bringt man sie erst zur Ruhe und danach zu sich selbst zurück, indem sie beispielsweise mit geschlossenen Augen lauschen. Oftmals ist es einfacher für die Kinder, die Augen geschlossen zu halten, wenn sie dabei den Kopf auf die Arme legen. Dazu ein kurzer Exkurs in die 1. Klasse: wir wurden vorgewarnt, dass die Kinder so etwas noch nie gemacht haben und dass es eventuell ein grosses Gekicher geben wird, wenn sie alle mit geschlossenen Augen dasitzen. Unsere Erfahrung war jedoch äusserst positiv. Und man kann effektiv besser zuhören, wird der Sehsinn „ausgeschaltet“.

Tondokumente beschränken sich also nicht nur auf ihre inhaltliche Aussage, sondern können auch als bewusstes Mittel zur Aufmerksamkeitslenkung eingesetzt werden.

3 Kommentare:

silvia blatter hat gesagt…

Deine Ausführungen zum Thema Tondokumente sind sehr spannend und lehrreich.
Ich denke auch, dass es sehr wichtig ist, auch diesen Teil der Sinneswahrnehmung zu nutzen, um die Aufmerksamkeit der Kinder zu erhalten oder sie zu beruhigen. Ich kann die Meinung mit dir teilen, weil ich im Praktikum damit auch sehr gute Erfahrungen gemacht habe. Die Kinder waren bei der Bastelarbeit höchst konzentriert, weil leise, harmonische Muskik lief und alle dabei ganz still gearbeitet haben.
Ich denke, dass das Ansprechen von verschiedenen Sinnen allgemein sehr fördernd für die kognitive und auch emotionale Entwicklung der Kinder ist. Zudem kann der Unterricht so spannender und abwechslungsreicher gestaltet werden!

Andreas Hug hat gesagt…

Liebe Frau Bischofberger
Vielen Dank für Ihre Ausführungen. Mir gefällt, wie Sie Theorie und Praxis miteinander verknüpfen. So finde ich ein Weiterdenken sinnvoll, indem Sie Gehörtes aus den Veranstaltungen mit eigenen Erfahrungen verknüpfen.
Eigentlich wird von Schülerinnen und Schülern sehr viel Aufmerksamkeit während eines ganzen Schulmorgens abverlangt. Auch aus diesem Grund finde ich Ihre Gedankengänge notwendig. Ich glaube, wenn sich Lehrpersonen wieder einmal bewusst werden, wie anstrengend längeres Zuhören sein kann, wird sich das auf die Gestaltung des Unterrichts auswirken.
Im Kinderbuchladen in Zürich gibt es aus dem gleichen Verlag wie die Wassergeräusche übrigens noch andere Unterrichtshilfen, die identisch aufgebaut sind (Bildkarten und CD): Wetter, Zoo, Berufe, Bauernhof.
Gruss Andreas Hug

Blog2Bomholt hat gesagt…

Das Wassergeräusche-Quiz habe ich auch super und als eine grosse Abwechslung zu den alltäglicheren Methoden empfunden.
Finde ich gut, dass es, wie Herr Hug geschrieben hat, noch andere, gleich aufgebaute Unterrichtshilfen, zu anderen Themen gibt. Das ist ein hilfreicher Tipp, denn ich sicher auch selbst einmal mit einer Klasse ausprobieren werde!
Zum Hören allgemein noch: Bekannt sind ja auch sogenannte "Traumreisen", bei denen es sich die Schüler irgendwo im Klassenzimmer oder an ihrem eigenen Platz bequem machen und ihre Augen geschlossen halten, damit sie sich voll und ganz auf sich selber konzentrieren können.
Die Lehrperson leitet dann die die Kinder zu einer sogenannten "Traumreise" an. Ein Beispiel könnte folgendes sein: "[...] Du läufst zu einem alten Gebäude, dass voller Efeu rundherum ist, öffnest die moderige Türe und läufst dann im Haus drin die alte, verschnörkelte Wendeltreppe hinauf. Oben an der Wendeltreppe hat es nur eine Türe, vorsichtig öffnest du sie und plötzlich befindest du dich in einer anderen Welt, es riecht plötzlich anders, ganz süsslich..."
Die Kinder entwickeln so ihre eigenen Fantasiebilder und konzentrieren sich auf sich selbst und nicht auf die anderen Schüler oder auf das, was sie sehen.
Oftmals muss aber, wie Corinne schon angetönt hat, ein solches Ritual mehrmals mit einer Klasse durchgeführt werden, bis sie sich völlig darauf einlassen können.